Buchtipps ...
Wenn Russland Gewinnt – Ein Szenario
von Carlo Masala
Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München, beschreibt in seinem sehr kompakten, spannenden und gut zu lesendem Buch das Szenario eines Testfalls der Nato durch Wladimir Putin und seine neoimperiale Kriegspolitik.
Ausgehend von der Tatsache, dass Putin die Nato als Feind Russlands betrachtet, stellt Carlo Masala die Frage, ob die Länder des Nato-Bündnisses im Ernstfall Partnern zu Hilfe kommen und auf eine solche Möglichkeit vorbereitet sind.
Carlo Masala legt seinen Überlegungen überraschende Prämissen zugrunde. So die Kapitulation der Ukraine zu den Bedingungen Russlands, die Abdankung Putins und die Machtübernahme durch seinen vermeintlich reformerischen, dem Westen eher zugeneigten Nachfolger, eine Begrüßung der neuen Verhältnisse durch links- und rechtsextreme Regierungen. Russische Truppen provozieren die Nato an ihren Grenzen und droht mit Atomwaffen.
Dieses Szenario ist nicht neu, denn schon seit längerem warnen Experten vor derartigen Möglichkeiten. Masala erklärt erfreulich klar, was zu tun ist. Aufrüstung und Resilienz sind das Gebot der Stunde, zudem müssen die europäischen Länder bereit sein, den dafür erforderlichen Preis auch zu bezahlen …
+++
Der Bauernkrieg
von Christian Pantle
Der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau hat bereits im Jahr 2000 festgestellt, dass „die zwölf Artikel (des Bauernmanifests von 1525) im Kern die Universalität der Menschenrechte enthalten. Mit dieser Überzeugung weisen sie weit über ihre Zeit hinaus.“
Christian Pantle erklärt das Scheitern des Bauernaufstandes vor 500 Jahren mit deren zu ausgeprägter Friedfertigkeit. So weist er nach, dass die Bauern keinen Krieg wollten, sondern dass sie versuchten, ihre Ziele friedlich zu erreichen. Der gegnerische Adel, allen voran Truchsess von Waldburg-Zeil, auch Bauernjörg genannt, nutzten dies skrupellos aus und erstickten so die im Zentrum Schwabens entstandene Sehnsucht nach Freiheit und Gleichheit.
Die zwölf Artikel des Bauernmanifestes sind in historischer Zuordnung die ersten deutschen Grundrechtserklärungen.
Das Buch von Christian Pantle ist eine lebendig geschriebene historische Reportage und eignet sich bestens für einen Überblick der damaligen Vorkommnisse dieser zu lange nicht angemessen gewürdigten demokratischen Revolution.
Gerade angesichts der in Krisenzeiten bedrohten Freiheit ist es neben den Büchern von Gerd Schwerhoff (Der Bauernkrieg) und Lyndal Ropper (Für die Freiheit) ein äußerst empfehlenswertes Buch.
+++
China und Russland
Kurze Geschichte einer langen Beziehung
Von Sören Urbansky und Martin Wagner
Dieses fundierte, quellenbasierte und analytisch präzise geschriebene Buch ist gleichzeitig ein wahres Lesevergnügen, da es mit erzählerischer Leichtigkeit zum Verweilen einlädt.
Das Buch deckt auf, dass die zuletzt im Februar 2022 wenige Wochen vor Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine, viel beschworene „grenzenlose“ Freundschaft vor allem eine Augenwischerei ist.
Russland ist heute in einem Ausmaß abhängig von China, was noch vor Jahren undenkbar erschien. Während der Kreml auf bedingungslose Rückendeckung hofft, wahrt China eine strategische Distanz der eigenen globalen Interessen willen und sichert sich seine wirtschaftlichen Vorteile.
Dem Leser erhellen sich Dimensionen und Zusammenhänge zweier Großmächte, die sich immer zwischen Kooperation und Konflikt bewegten. Es ist eine faszinierende Schilderung eines changierenden Verhältnisses imperialer Konkurrenten, ideologisch Verbündeter oder pragmatischer Partnerschaft – immer begleitet und geprägt von tiefem Misstrauen.
+++
Macht im Umbruch
von Herfried Münkler
Das neueste Buch des Politikwissenschaftlers und ehemaligen Beraters von Angela Merkel ist ein Plädoyer dafür, dass sich die operative Politik mehr analytisch auf das Kommende vorbereite, diverse Szenarien durchdenke und Strategien entwickle.
Er argumentiert überzeugend, dass sich – unabhängig von den mäandernden, unberechenbaren Entscheidungen des 47. US-Präsidenten – die USA von Europa abwenden und neuen Machtkonstellationen zuwenden könnte. Beklemmend ist seine Klarsicht der Möglichkeit „einer Anarchie der Staatenwelt, bei der man abends nicht weiß, in welchem Bündnis oder in welcher politischen Feindschaft man sich am nächsten Tag befindet.“
Der Autor stellt Überlegungen an, wie Deutschland wieder eine wichtige Rolle in einem geeinten Europa übernehmen könnte. Ebenso eine Stärkung der von der Ampel vernachlässigten strategischen Partnerschaft zwischen Deutschland und Frankreich.
Herfried Münkler warnt nüchtern davor, dass Demokratie als die „Herrschaft der Vernunft“ scheitern könnte, wenn sich in Washington, Beijing oder Moskau autoritäre Mächte durchsetzen würden.
Er ist der Ansicht, dass die europäische Politik nur gelingen wird, wenn die Bürgerinnen und Bürger als Zuschauer auf den Rängen bleiben. Die gefährdete Demokratie benötige Engagement, Zeit und Geld. Vor allem werde sie anstrengend.
+++
Das Gespaltene Haus
Eine Geschichte der Vereinigten Staaten von 1950 bis Heute
Von Manfred Berg
Wer nach der erneuten Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA dieses Land besser kennenlernen möchte, für den ist dieses glänzend geschriebene Buch ein El Dorado an erhellenden Informationen.
Manfred Berg, Professor für amerikanische Geschichte an der Universität Heidelberg und Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, ist einer der besten Kenner Amerikas.
Es ist ihm mit diesem Buch meisterhaft gelungen, die vielen polarisierenden und radikalisierenden Umbrüche der führenden westlichen Nation in den letzten 75 Jahren darzustellen.
Am Ende des Epilogs zitiert Manfred Berg Abraham Lincoln aus seiner Rede zur Amtseinführung vom 4. März 1861: „Wir sind keine Feinde, wir sind Freunde. Wir dürfen niemals zu Feinden werden.“
Ein Appell, den sich alle Demokraten bei den unterschiedlichen An- und Einsichten zu Herzen nehmen sollten.
Dieses leicht lesbare Buch verdeutlicht die Ursachen der politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Konflikte dieser einstmals strahlenden und stabilen Demokratie, die vielen als Vorbild galt.
Ich wünsche Ihnen viele neue Informationen, Einsichten und Impulse beim Lesen.
Mit freundlichem Gruß
Ihr
Jörg Max Fröhlich