CDU Kreisverband Zollernalb

Die Weichen werden gestellt!

Die Rede unseres Fraktionsforsitzenden zur Reaktivierung der Talgangbahn

Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

"suchet der Stadt Bestes" - solche Suchen können mitunter auch sehr lange dauern:

Das zur Abstimmung anstehende Thema Reaktivierung Talgangbahn beschäftigt die Kommunalpolitik nun seit 20 Jahren. Diverse Anläufe wurden unternommen, heute ist es wieder soweit. Solche grundsätzlichen Entscheidungen sind niemals nur schwarz oder nur weiß, vielmehr gilt es Vorteile und Nachteile objektiv abzuwägen und aus dieser Abwägung heraus dann eine richtige Entscheidung zum Wohl unserer Stadt zu treffen. Ich bin sicher, niemand hier im Saal hat sich seine persönliche Entscheidung – gleich in welche Richtung – heute hier einfach gemacht und deshalb ist es auch gut und richtig, wenn es in einzelnen Fraktionen hierzu unterschiedliche Meinungen gibt. Es geht heute – um im Eisenbahnjargon zu bleiben – um eine grundsätzliche "Weichenstellung" für die Zukunft des Verkehrs in unserer Stadt und darüber hinaus.

 

Und weil es kein "schwarz" und kein "weiß" in dieser Sache gibt, haben wir es uns als CDU Fraktion keineswegs einfach gemacht und uns in den zurückliegenden Monaten mit Vertretern unterschiedlichster Meinungen ausgetauscht, die es jeweils ernst zu nehmen gilt. Es geht um Chancen, um politische Zusagen, um Prognosen und teilweise schlicht auch um Glaubensfragen. Wir nehmen es deshalb durchaus ernst, dass es Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt gibt, die aus den unterschiedlichsten Gründen heraus Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Wiederinbetriebnahme haben. Wenn der Gemeinderat heute Abend – wovon ich ausgehe – die Wiederinbetriebnahme der Talgangbahn beschließt, wird es in den kommenden Monaten umso mehr darauf ankommen, alle Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen und in die weitere konkrete Planung einzubinden. Genau dies ist wichtig, um die von uns allen gewünschte weitestgehende Akzeptanz und Nutzung der kommenden Talgangbahn sicher zu stellen.

Meine Damen und Herren,

ich hatte eben gesagt, es geht bei dieser Entscheidung auch um Prognosen und um Glaubensfragen. Eine Glaubensfrage ist es, ob eine wiederaktivierte Talgangbahn ausreichend Nutzerinnen und Nutzer findet, um unser Verkehrssystem maßgeblich weiter zu bringen. Wir glauben mehrheitlich, dass dies gelingen wird. Auch hier haben sich in den letzten Jahrzehnten die Voraussetzungen geändert: Wer sich regelmäßig zwischen Onstmettingen und Ebingen im Verkehr bewegt, der kann keinen vernünftigen Zweifel daran haben, dass wir eine zweite Verkehrsachse durch den Talgang brauchen. Wir sind mit der nicht endwidmeten Bahntrasse in der glücklichen Situation eine solche Möglichkeit zu haben und kurzfristig umsetzen zu können.

Und nun mag man wie mancher in der Stadt die Auffassung vertreten, es sei sinnvoll, diese Trasse nicht mit einem Zug, sondern mit einem anderen Verkehrsmittel zu nutzen - seien es selbstfahrende Busse, Seilbahnen oder anderweitige Gedanken. Auch wir haben uns mit diesem Gedanken beschäftigt, wir halten aber einen Schienenverkehr nach wie vor nicht für "Technik von gestern" sondern erwarten auf einer wieder in Betrieb genommenen Talgangbahn einen zukunftsträchtigen Verkehr mit modernen und umweltfreundlichen Fahrzeugen. Und darüber hinaus dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, dass wir als Stadt Albstadt – gerade in Anbetracht der ungewissen Zukunft – nicht in der Lage sind, aus Eigenmitteln heraus dauerhaft ohne Zuwendungen von Land und Bund eine solche Verkehrsachse zu stemmen. Der politische Wille der übergeordneten Gremien – man mag dies für gut heißen oder nicht – ist es, den öffentlichen Personennahverkehr auf der Schiene zu fördern. Dies liegt nahe, denn der Individualverkehr wird in Zukunft nach allen Prognosen auch im ländlich strukturierten Raum an Bedeutung verlieren, der öffentliche Personennahverkehr an Bedeutung gewinnen. Gerade für unsere Stadt als Flächenstadt bedeutet dies aber, dass beide Verkehrsarten, Individualverkehr und öffentlicher Personennahverkehr, gleichberechtigt und beide mit guten Chancen auch in der Zukunft erhalten bleiben. Auch diesem Ziel dient die Wiederinbetriebnahme der Talgangbahn, denn die Trassen des Individualverkehrs werden bei einem attraktiven Angebot, das von vielen Mitbürgern genutzt wird, gleichfalls entlastet.

Wir stehen – wenn man es auf das Wesentliche herunterbricht – heute möglicherweise vor der Entscheidung "jetzt oder nie". Vieles ist noch ungewiss, bei ihrer Entscheidung verlässt sich die CDU Fraktion eindeutig auf die Zusagen von Land und Bund, wie auch des Zollernalbkreises, jeweils die im Raum stehenden Kostenzusagen auch dauerhaft einzuhalten. Dies spiegelt sich auch in den Beschlussvorschlägen, die heute zur Abstimmung stehen, als "Geschäftsgrundlage" wieder. Wir sehen durchaus – einzelne in unserer Fraktion auch sehr kritisch –, dass insbesondere hinsichtlich der dauernden finanziellen Belastung für die Stadt Albstadt hier Prognosen und Annahmen im Raum stehen. Man mag sich nun auf diese verlassen oder nicht, in unserer überwiegenden Mehrheit halten wir aber die gegebenen Zusagen und die der Drucksache zu entnehmenden prognostischen Beispielrechnungen für belastbar.

Entscheidend für uns ist, dass wir mit der Wiederinbetriebnahme der Talgangbahn nicht allein eine Verbindung innerhalb unserer Stadt erhalten, sondern dass in einem weiteren Schritt – der mit Sicherheit Jahre dauern wird – die Stadt Albstadt unabhängig von der problematischen Straßenanbindung insbesondere eine direkte Zuganbindung in den Bereichen Tübingen Reutlingen und Stuttgart erhält. Deshalb muss an dieser Stelle auch deutlich gesagt werden, dass von mindestens gleich großer Gewichtigkeit wie unsere heutige Entscheidung natürlich für die Zukunft das Projekt der Elektrifizierung der Bahnlinie von Tübingen bis Albstadt und darüber hinaus stehen muss. Bei unserer heutigen Abstimmung verlassen wir uns deswegen auch darauf, dass seitens des Landkreises und der überregionalen Politik dieses Anliegen mit Nachdruck weiter betrieben wird. Erst dann wird die Talgangbahn in der weiteren Ausbaustufe vollumfänglich dasjenige leisten, was wir uns von ihr versprechen: Es geht beileibe nicht allein um den Verkehr innerhalb der Stadt, sondern es geht um die Verkehrsanbindung von Onstmettingen bis Stuttgart, vor allem aber auch um die umgekehrte Richtung. Es gehört heute insbesondere bei den jüngeren Generationen zur Attraktivität eines Arbeits- und Wohnstandortes, dass dieser auf der Schiene komfortabel und regelmäßig zu erreichen ist. Dies bedeutet, dass die Talgangbahn und die Elektrifizierung der Zugstrecke bis Tübingen maßgeblich zur Attraktivität des Standortes Albstadt für Arbeiten und Wohnen beitragen werden. Auch dies ist ein entscheidender Punkt für unsere heute Abend zu treffende Entscheidung.

Meine Damen und Herren,

es gilt, im Dialog mit unseren Einwohnern mit offenen Karten zu spielen. Die heutige Entscheidung ist letztlich als Grundsatzentscheidung nur der Einstieg in eine maßgebliche Verbesserung der Verkehrssituation innerhalb unserer Stadt, wie auch nach außen hin. Bis die Talgangbahn durch den Talgang rollt und erst recht bis sie auf einem Gleis von Onstmettingen bis Stuttgart fährt, werden Jahre ins Land gehen. Umso wichtiger ist für uns aber, dass heute die richtige Weichenstellung getroffen wird. Bei Abwägen aller Vor- und Nachteile, die wir in den zurückliegenden Monaten bei zahllosen Gelegenheiten in diesem Gremium und darüber hinaus erörtert haben, ist für uns – gerade auch in der Verantwortung für künftige Generationen in unserer Stadt – die Entscheidung klar zu Gunsten des Verwaltungsvorschlags zu treffen. Die CDU-Fraktion wird deswegen der Drucksache mit überwiegender Mehrheit zustimmen.