„Ich bin der Einzige von der alten Garde, der noch lebt“
Zur Ehrung ihrer langjährigen Mitglieder lud die CDU im Zollernalbkreis in die Konferenzräume der Stadthalle Balingen ein. Nach einem Musikstück und der Begrüßung der Jubilare und zahlreicher Ehrengäste von Dörte Conradi folgte ein Grußwort von Landrat Günther-Martin Pauli (CDU). Pauli sprach sich dafür aus, den Prozess hinsichtlich der Einrichtung der Landeserstaufnahmestelle in Meßstetten konstruktiv anzugehen und zu begleiten. Nach einem Rückblick auf vergangene Ereignisse machte Pauli insbesondere Frauen und jungen Leuten Mut, sich für die CDU zu engagieren: „Es ist wertvoll, Sachverstand und Erfahrung in unseren Gremien zu haben, aber es ist auch wichtig, dass wir junge Menschen fördern und neue Köpfe für die CDU gewinnen können.“ Pauli hofft auf Neumitglieder „egal welchen Alters“ und darauf, dass der kommende Mitgliederentscheid „sportlich und fair ausgetragen“ wird. Den Geehrten gratulierte er.
Als Festredner kam Staatssekretär a.D. und Direktor des Landtages von Baden-Württemberg, Hubert Wicker, ans Pult. Er widmete sich den zur Ehrung geladenen Mitgliedern und sprach diese direkt an: „Sie leisten unserem Gemeinwesen einen unverzichtbaren Dienst!“. „Dadurch, dass Sie in die CDU eingetreten sind, haben Sie einen Dienst an unserer Demokratie geleistet,“ ist sich der gebürtige Albstadt-Ebinger sicher. In diesem Zusammenhang sprach Wicker die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland an, die ausdrücklich die Wichtigkeit demokratischer Parteien hervorhebe: „Sie haben sich mit Ihrem Engagement für eine erfolgreiche Sache, für die Demokratie in der Bundesrepublik eingesetzt.“ Die CDU sei mit ihrem überkonfessionellen Charakter als große Volkspartei der Mitte entstanden, die Anfeindungen der BRD von „links“ und „rechts“ standhielt. Ziel sei immer der Interessenausgleich sowie die von Ludwig Erhardt formulierte Formel „Wohlstand für alle“ gewesen. Der Staat müsse für gleiche Chancen sorgen und Eigenverantwortung und –initiative ermöglichen, um Wohlstand und Freiheit sichern zu können.
Angesichts des Tags der Deutschen Einheit erwähnte Wicker auch die ehemalige Trennung Deutschlands: „Die CDU war die einzige Partei, die stets an die Wiedervereinigung geglaubt hat.“ Die Kosten, so ist sich Wicker sicher, wären bei einer späteren Einigung noch höher gewesen, da die ehemalige DDR ungebremst an die Wand fuhr. Da derzeit weltweite Gefahren trotz Ende des Kalten Krieges eher zu- statt abnehmen würden, sei Achtung geboten und Freiheit keine Selbstverständlichkeit. Wicker sagte den zu Ehrenden Dank und sprach sogar einige Persönlichkeiten direkt an und erzählte deren Geschichte. Die persönlichen, ganz unterschiedlichen Lebensgeschichten zeigten, wie vielfältig die CDU sei, so Wicker. Dies passe gut zur Union und zu einer Politik „aus christlicher Verantwortung“. Zu dieser würden die Grundwerte Freiheit, Verantwortung für das eigene Handeln und Solidarität gehören. Letztere ergebe sich aus dem Gebot der christlichen Nächstenliebe heraus. Vor dem Hintergrund dieser Grundsätze und aus diesem Bewusstsein solle christlich-demokratische Politik betrieben werden. Dies sei kein Widerspruch dazu, Veränderungen in der Gesellschaft einzubeziehen, um Volkspartei zu bleiben. So werde heute das Thema der Integration immer wichtiger, Vereinsstrukturen und die Gesellschaft an sich veränderten sich. Auch die Landespolitik erwähnte Hubert Wicker: Baden-Württemberg drohe seine Spitzenposition zu verlieren. Die von den Grünen geführte Landesregierung mache zu viele Schulden und werde dem Land langfristig durch eine miserable Bildungspolitik und die „schlecht gemachte Verkehrspolitik“ Schaden zufügen.
Kreisvorsitzende Dörte Conradi bedankte sich für die „interessante Ansprache“ von Wicker mit Bezug zu den zu Ehrenden und zu deren Eintrittsjahren in die Partei quer durch das 20. Jahrhundert hindurch sowie zur aktuellen politischen Situation. Angesichts des 25-jährigen Jubiläums des Mauerfalls überreichte Conradi dem Festredner eine besondere Silbermünze. Dann waren die Ehrungen der Jubilare an der Reihe. Die Ehrung für die beiden für 60 Jahre Mitgliedschaft geehrten Parteifreunde, die gesundheitsbedingt nicht erscheinen konnten, wird nachgeholt. Max Künstler aus Burladingen gilt als „traditionsreiche, stets pragmatisch denkende Gewerkschaftspersönlichkeit der CDU“, so Conradi. Zwischenzeitig war der Burladinger Stellvertretender Landesvorsitzender der CDU-Sozialausschüsse (CDA). Die zweite Persönlichkeit, die bereits seit 60 Jahren in der Partei ist, ist Hermann Weckenmann aus Dormettingen. Er ist unter anderem für sein kirchliches Engagement bekannt. Der Dank Conradis ging auch an Nadine Eppler (Klavier) und Lisa-Maria Hagg (Klarinette) für die musikalische Umrahmung.
Zuletzt kam ein Gründungsmitglied der CDU, Dr. Hans Scholl ans Mikrofon, um zur Versammlung zu sprechen. 68 Jahre sei er nun schon in der CDU: „mehr geht nicht.“ Niemand sei so lange dabei, wie er. Scholl berichtete darüber, dass seine Weggefährten der frühere Ministerpräsident Gebhard Müller und Kanzler Kurt Georg Kiesinger aus Ebingen gewesen seien. Er habe die Partei gemeinsam mit ihnen gegründet: „Ich bin der Einzige von der alten Garde, der noch lebt.“ Conradi macht Scholl, dem die Vorträge des Abends gefallen haben, das Angebot, seinen in wenigen Jahren anstehenden 100. Geburtstag mit den versammelten CDU-Freunden feiern zu können. Am Ende der Veranstaltung stimmten die Mitglieder und Freunde der CDU gemeinsam die Nationalhymne an.